Ernährungsgrundlagen in der Terrarienkunde

und die Frage nach der Futtertierzucht

Nebst der richtigen Beleuchtung spielt die richtige Ernährung für unsere Pfleglinge eine wichtige Rolle, die entweder total untergeht oder emotional zu Tode diskutiert wird. Dennoch aber einen Grundpfeiler der Tierhaltung darstellt, über den es sich vor dem Erwerb eines Tieres gründlich zu Informieren gilt. Bezeichnungen wie "Alleinfutter", "Hauptfutter" oder "Gut loading" sollten Sie schnell wieder vergessen. Denn für die Ernährung gibt es kein einfaches Patentrezept. Dabei gilt ein einfacher Grundsatz: Für ein langes und gesundes Leben erfordert es eine ausgewogene, abwechslungsreiche und nährstoffreiche Versorgung mit Futter. Die allgemein im Zoohandel angebotenen Futtertiere stellen hier nur einen Grundpfeiler, nicht aber das Ende der Fahnenstange dar. Heimchen, Grillen, Heuschrecken und Drosophila lassen sich massenhaft und einfach vermehren, weshalb sie nicht nur in rauen Mengen, sondern aufgrund der Marge auch hauptsächlich angeboten werden. Aber nur mit diesen kommt kein vernünftiger Futterplan zustande. Dabei spielt es keine Rolle ob eher große Reptilien, oder kleine Amphibien gehalten werden. Futtertiere wie Springschwänze, Ofenfischchen, Asseln und Schaben sind marginal aufwändiger in der Zucht, weshalb sie für den Großhandel unattraktiv sind, für eine ausgewogene Ernährung gerade kleinerer Tiere aber ein wichtiges Fundament bieten. Und während erstgenannte in lokalen Zooläden oft zur Verfügung stehen, werden Sie die anderen Kleininsekten oft nur auf Börsen oder in spezialisierten Onlineshops zu entsprechenden Preisen vorfinden. Deshalb empfiehlt es sich stets, auch aus Kostengründen, eigene Zuchtkulturen verschiedener Futterinsekten anzulegen. Dies raubt zwar ein wenig Platz, ermöglicht aber eine optimale Versorgung der eigenen Pfleglinge, ohne sich in die teure Abhängigkeit von Futterhändlern zu begeben oder mit Lieferverzögerungen und daraus resultierenden Problemen rechnen zu müssen. Besonders geeignet hierfür sind nebst Drosophila Springschwänze, Asseln und Schaben, die ohne nennenswerten Zusatzaufwand eine kostengünstige Nahrungsquelle darstellen und sich in ausreichendem Maß vermehren lassen. Außerdem haben Tierhalter, die ihr Futter selbst züchten, stets die Kontrolle darüber, welche Qualität das eigene Futter hat. Frisch gekaufte Futterinsekten, die „out of box“ Verfüttert werden, haben meist den Nährwert von Pappe und liefern nur leere Kalorien. Weshalb gerade Grillen und Heimchen nie sofort verfüttert werden sollten. In diesem Zusammenhang fällt oft auch die Bezeichnung „Gut loading“. Diese beschreibt, kurz erläutert, das richtige Anfüttern der Futtertiere mit verschiedenem Obst, Gemüse sowie Kräutern, um den Nährwert zu verbessern. Ich selbst bin kein Freund dieser „Methode“. Mehr sehe ich darin eine Selbstverständlichkeit, seine Futtertiere mit qualitativem Futter zu einem guten Nährwert zu verhelfen. So lassen sich vor allem Grillen und Heimchen, insbesondere auch Schaben, unterschiedlich anfüttern, um unterschiedliche Nährwerte zu liefern. So kann mit einer Futtertiersorte ein geringfügig breiteres Spektrum an verschiedenen Vitaminen und Spurenelementen an die Terrarientiere weitergegeben werden. 

Auch ein Blick über den Tellerrand des Handels hinaus kann nicht schaden. Sogenannter „Wiesenplankton“, in der Natur gesammeltes Futter von Feldern und Wiesen, ergänzt den Futterplan weitreichend und lohnend, wenn abseits frisch gedüngter/gespritzter Flächen gesammelt wird, sowie geschützte Insektenarten aussortiert werden. Verschiedene Fluginsekten, Grashüpfer und Kleininsekten können hier in größerem Ausmaß erbeutet werden. Wer einen eigenen Garten besitzt, sollte auch einen Blick in den Kompost riskieren. Dort finden sich viele Asseln, Regen- und Tauwürmer sowie Käferlarven in verschiedenen Stadien und Größen. 

Ergänzend mit den Futtertieren aus eigener Zucht lässt sich so schlussendlich ein solider Ernährungsplan für die gehaltenen Tiere erstellen. Ein „Hauptfutter“ oder „Alleinfutter“ gibt es nicht. Weder aus dem Garten, noch aus dem Laden. Abwechslung in der Futtertieregabe ist auch ein wichtiges Instrument zur Beschäftigung der Tiere um den Jagtinstinkt zu triggern. Bewährt haben sich hier vor allem Motten und Fliegen, sowie Ofenfischchen die aufgrund ihrer Aktivität eine Herausforderung darstellen gefangen zu werden. Und nebst dem eingangs erwähnten Grundsatz gilt auch: Ein hungriges, sich bewegendes Tier, ist ein gesundes Tier. Weshalb auch auf Futterpausen geachtet werden sollte. Viele Futtertiere verstecken sich im Substrat oder zwischen Pflanzen. Dadurch können unsere Tiere auch einige Tage nach einer Fütterung noch genügend Nahrung finden, ohne dass nachgefüttert werden muss. Ein Überangebot an Futter lässt Reptilien und Amphibien nur träge werden, im schlimmsten Fall droht Verfettung. Außerdem ist eine zu hohe Dichte an Futterinsekten ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor. Vor allem bei Jungtieren. Generell füttere ich nur ein bis zwei Mal die Woche der Menge und Größe der zu fütternden Tiere entsprechend. Die Erfahrung zeigt, dass auch darüber hinaus – vor allem in Tropenterrarien – immer noch genügend Futtertiere vorhanden sind als dass sich ein Mangel einstellt.

Vitamin- und Mineralienpräparate

Ein ebenso umstrittenes und emotional diskutiertes Thema ist die Zufütterung von Vitamin- und Mineralpräparaten. Die gängigen Futterinsekten aus dem Handel liefern kaum bis keine nennenswerte Menge an Calcium und Magnesium, auch einige wichtige Vitamine fallen eher schwach aus. Daher ist es, vor allem im Winter wenn der Wiesenplankton knapp ist, unumgänglich mit diversen Präparaten nachzuhelfen. Dies kann entweder über das Trinkwasser geschehen, oder direkt über die Nahrung. Die richtige Menge ist nicht einfach zu ermitteln. Sie hängt maßgeblich von der Art sowie von der Größe des Tieres, den Lebensumständen, Gesundheitszustand sowie Haltungsbedienungen ab. Viele Halter meinen es aus falschem Wissen oder dem Leitsatz „viel hilft viel“ zu gut, was die Versorgung mit diesen Präparaten angeht. Dabei geht unter, dass eine Überdosierung von Vitaminen und Mineralien ebenso gesundheitsschädlich für den Organismus sein kann, wie eine Unterversorgung. Ärzte sprechen hierbei von der sogenannten Hypervitaminose. Eine Überdosierung durch die tägliche Nahrungsaufnahme ist nahezu unmöglich, währen – wie bei uns Menschen auch – durch Ergänzungsmittel dieser Zustand gar nicht so selten ist. Das oft zu gefütterte Vitamin-D3 ist lebenswichtig für den Aufbau der Knochen. Eine Überdosierung führt, gerade bei Reptilien, aber auch zu Nierenfehlfunktionen oder gar Nierenversagen. Dies wäre nur ein Beispiel für eine Überdosierung. Daher ist der umsichtige Einsatz dieser Präparate wichtig. Weniger ist hier definitiv mehr. Kleine Tiere sollten daher nur schwach bestäubte Futtertiere bekommen – oder wenige, während größere Tiere entsprechend mehr bekommen. Auch sollte nicht bei jeder Fütterung zu gefüttert werden, sondern angepasst an die Ernährungsumstände. Im Sommer ist durch eine abwechslungsreiche Fütterung die Zufuhr nötiger Vitamine und Mineralien nahezu perfekt gedeckt. Im Winter kann bei Futterengpässen eine Art Versorgungsloch entstehen, welches ausgeglichen werden muss. Da ich nur ein bis zwei Mal die Woche füttere, wird im Winter je nach Tierart auch nur einmal oder alle zwei Wochen per Präparat nachgeholfen. Gesundheitszustand und Verhalten der Tiere beweist mir seit vielen Jahren, dass diese Praxis sich bewährt hat. Zumindest hatte ich noch nie ein Tier, welches an einer Unter- oder Überversorgung erkrankte. Bei Jungtieren und trächtigen Tieren ist eine vermehrte Gabe an Calcium dagegen durchaus geboten. 

Weiterführendes

Nebst meinen Erfahrungen in der Futtertierzucht, die ich an anderer Stelle eingehend behandle, möchte ich noch auf folgende Artikel und Literatur verweisen.

Wer sich für die Beschaffung von Wiesenplankton interessiert, sollte zwingend einen Blick in die Literatur werfen. Herr Siegfried P. Christmann hat im ersten Band seines absolut zu empfehlenden Lebenswerk „DENDROBATIDAE“ zur richtigen Ernährung von gehaltenen Amphibien und Reptilien ohnehin alles gesagt, was gesagt werden musste.
Siegfried P. Christmann, DENDROBATIDAE -Baumsteigerfrösche- (Die Phantastische Reise durch Ecuador - Peru - Kolumbien), ISBN 3-00-012726-7 Seite 150ff.

Wenn Sie neu in das Thema Futtertiere einsteigen, empfehle ich Ihnen, neben Christmanns „DENDROBATIDAE“, das Buch „Futtertiere“. Es beinhaltet alles nötige Wissen, um in die Futtertierzucht erfolgreich einzusteigen.
Frank Bruse, Michael Meyer, Wolfgang Schmidt und Cornelia Gabler, Futtertiere, ISBN 3930612658

Einen Blick über den Tellerrand der oft gezüchteten Futtertiere hinaus ist nicht verkehrt und für Halter von Nahrungsspezialisten unumgänglich. Hierzu meine Empfehlung, einen Blick in die TERRARIA/elaphe zu werfen.
TERRARIA/elaphe, Heft-Nr. 62 Titelthema: Ungewöhnliche Futtertiere, November/Dezember 2016